Deutscher Friedensrat e.V.
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Deutscher Friedensrat gewinnt vor
dem Berliner Verwaltungsgericht -
Das Verbot von Hisbollah-Fahnen und
Nasrallah-Portraits war illegal

 

... Fortsetzung:
Entscheidungsgründe

Eine Strafbarkeit nach §§ 129a Abs. 5 Satz 2, 129b StGB wegen Unterstützung einer aus­ländischen terroristischen Vereinigung würde voraussetzen, dass um Mitglieder oder Unterstützer einer ausländischen terroristische Vereinigung geworben wird. Bei Vereinigungen außerhalb der Mitgliedstaaten der europäischen Union setzt die Strafverfolgung nach § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB eine Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz voraus. Diese Regelung soll bei Taten, die ihre Wirkung vorwiegend im Ausland außerhalb der Europäischen Union entfalten, im Hinblick auf die Bewertung sog. Befreiungsbewegungen eine Ver­lagerung der Verantwortung auf die Staatsanwaltschaften und Gerichte verhindern, die ei­nem Sachverhalt, bei dem es auch um die (außen-) politisch sinnvolle Handhabung der Strafrechtspflege gehen kann, nicht angemessen wäre (Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 14/8893, S. 8). Im vorliegenden Fall ist keiner der Beteiligten davon ausgegangen, dass die Hizbollah oder eine ihrer Unterorganisationen eine ausländische terroristische Vereini­gung im Sinne von § 129b StGB sei. Die Hizbollah findet sich nicht auf den einschlägigen Listen der Europäischen Union. Es gibt auch keine Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz zur Verfolgung entsprechender Taten in Bezug auf die Hizbollah für den Einzelfall oder allgemein für die Verfolgung künftiger Taten. Zwar kommt es für ein präventives versammlungsrechtliches Handeln entscheidend auf die Strafbarkeit eines Verhaltens an und nicht auf die Frage, ob eine Verfolgungsermächtigung vorliegt. Angesichts einer Sachlage, in der bislang keine Maßnahmen der Strafverfolgung wegen des Zeigens des Symbols der Hiz­bollah oder des Bildes ihres Generalsekretärs in Deutschland ergriffen worden sind, sind die Anforderungen an eine Amtsermittlung des Verwaltungsgerichts (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO) aber erheblich reduziert. Das Verwaltungsgericht war jedenfalls im vorliegenden Kontext nicht verpflichtet, ohne diesbezüglichen substantiierten Vortrag der Beteiligten gleichsam ins Blaue hinein umfassende Erkenntnisse zum Handeln der Hizbollah einzuholen und eine strafrechtliche Bewertung ihres Handelns vorzunehmen, was ohne Einholung externen Sachverstandes nicht möglich gewesen wäre. Die Hizbollah ist nach den von den Beteiligten vorgelegten und den in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln jedenfalls nicht offen­sichtlich als ausländische terroristische Vereinigung zu qualifizieren, auch wenn das Gericht dies nicht für jede ihrer Unterorganisationen auszuschließen vermag. Darüber hinaus erfüllt das bloße Zeigen des Symbols der Hizbollah oder des Bildes ihres Generalsekretärs im Zu­sammenhang mit einer Demonstration anlässlich des Libanonkrieges nicht die Tathandlung des Werbens von Mitgliedern oder Unterstützern, sondern stellt lediglich eine nicht strafbare sog. Sympathiewerbung dar (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 54. Aufl. 2007, § 129 Rn. 25).

Es finden sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass im Rahmen der Veranstaltung durch Zeigen der Symbole der Hizbollah oder des Bildes ihres Generalsekretärs öffentlich zu Straftaten aufgefordert werden sollte (§111 StGB). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHSt 22, 282 - zum gewaltsamen Widerstand der Südtiroler) setzt der Tatbe­stand der den öffentlichen Frieden störenden öffentlichen Billigung von Straftaten (§ 140 Nr. 2 StGB) voraus, dass die zustimmende Kundgebung aus sich heraus verständlich ist, ohne dass es des Rückschlusses aus außerhalb der Erklärung liegenden Umständen bedarf. Ferner muss sich die Billigung auf konkrete mit Strafe bedrohte Handlungen beziehen. Die Billigung von Straftaten schlechthin oder von gewissen Deliktsarten ohne Beziehung auf ein bestimmtes einzelnes verbrecherisches Geschehnis genügt nicht (BGH, a.a.O. S. 287). In­soweit stellt die generelle politische Unterstützung selbst des gewaltsamen . Widerstands" der Hizbollah gegen Israel und von Teilen der Bevölkerung in von Israel besetzten Gebieten wie im Westjordanland oder von Aufständischen wie im Irak - unabhängig von der schwieri­gen und strittigen völkerrechtlichen Beurteilung solcher Handlungen - keine Billigung von Straftaten im Sinne von § 140 Nr. 2 StGB dar. Entsprechendes gilt für die vom Beklagten befürchtete öffentliche Aufforderung zu Straftaten (§111 StGB; vgl. BGHSt 32, 310 - . Tod dem Klerus"). Eine Anleitung zu Straftaten im Sinne von § 130a StGB würde voraussetzen, dass Kenntnisse vermittelt würden, wie und auf welche Weise Straftaten begangen werden können. Einen solchen Inhalt haben weder das Symbol der Hizbollah noch das Bild ihres Vorsitzenden.

Erst recht kann das Zeigen des Symbols der Hizbollah und des Bildes ihres Generalsekre­tärs nicht als Aufforderung zum Völkermord (§ 6 VStGB) oder zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 VStGB) verstanden werden. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Hizbollah und ihr Generalsekretär Israel die völkerrechtliche Anerkennung bestreiten, so ist im Zeigen des Symbols oder des Bildes keine Aufforderung zu sehen, die israelische Zivilbe­völkerung systematisch auszurotten. Es ist darin auch nicht die Aufforderung enthalten, im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen eine Zivilbevölkerung die israelische Bevölkerung zu vertreiben.

 

 

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