Deutscher Friedensrat e.V.
zum Start

Offener Brief an den Bundesaußenminister



Bundesaußenminister

Frank-Walter Steinmeier

 

Auswärtiges Amt

Werderscher Markt 1

10117 Berlin

Fax: 030-5000-3402

 

Berlin, 17. Dezember 2006

 

Sehr geehrter Herr Minister Steinmeier,

 

mit Sorge verfolgt der Deutsche Friedensrat die Außenpolitik der deutschen Regierung im Nahostkonflikt. Wir sind eine nichtstaatliche Organisation, die wegen ihres völkerverbindenden Wirkens als gemeinnützig anerkannt wurde. Wir wenden uns an Sie mit der dringenden Bitte, zu einer Änderung  der Politik gegenüber dieser Region beizutragen.

 

Zu diesem Brief haben wir uns entschlossen, da uns folgende Probleme immer dringlicher erscheinen:

 

1. Uns erreichen unter anderem Schreiben von Friedensaktivisten in Israel. So bezeichnete darin Reuven Moskovitz  die völkerrechtswidrige Besatzung Palästinas durch Israel folgendermaßen: "... Was mich erschüttert und an den Rand der Verzweifelung treibt, ist das erschreckende Schweigen Deutschlands, nicht nur der führenden Kreise in Politik, Kirche und Gesellschaft, sondern auch und besonders das Schweigen der Millionen Menschen, die in den vergangenen Jahren auf den Straßen aufgeschrieen haben gegen Kriegsdrohung, Unterdrückung und Gewalt. Dieses Schweigen könnte man die zweite Schuld der Deutschen nennen...“

 

Bei dem Besuch von Israels Ministerpräsidenten Ehud Olmert wurde weder durch die Bundeskanzlerin noch durch Sie das israelische Besatzungsregime in Frage gestellt.

Wie aber will man Frieden in dieser Region erreichen, wenn nicht zumindest die Einhaltung des Völkerrechts gefordert wird?

 

2. Unerklärbar ist auch das Schweigen der Bundesregierung zur Anwendung von  international geächteten Streubomben durch Israel in seinem Krieg gegen die Zivilbevölkerung Libanons. Israel selbst hat zugegeben, 3 Millionen solcher Bomben über den Süd-Libanon abgeworfen zu haben, von denen noch ca. 1 Million auf dem Boden liegen. Laut UNO gabt es 60 Verletzte und 24 Tote.

 

Der Export von neuesten Waffen und Militärausrüstungen aus Deutschland nach Israel verschärft die militärische Auseinandersetzung und die Spannungen im Nahost-Konflikt. Deutschland wird auf diese Weise zur Kriegspartei. Wir fordern den sofortigen Stopp aller Waffenexporte. 

 

3. Die Bundesregierung lässt Israel entgegen einer UN-Resolution gewähren, auf palästinensischem Gebiet eine Mauer zu errichten. Weitere, unzählige UN-Resolutionen gegen Israel bleiben unbeachtet, insbesondere Resolution 242 vom November 1967, die besagt, dass Landerwerb durch Kriege unzulässig ist und dass Israel die besetzten Gebiete einschließlich der syrischen Golan-Höhen zurückgeben muss. Den Palästinensern bleibt nur noch 22% des ihnen völkerrechtlich zugesicherten Territoriums für die Gründung eines eigenen Staates. Die Menschen im Gaza-Streifen werden eingesperrt und drohen zu verhungern. Und Deutschland schweigt dazu?

 

4. Die Palästinenser haben demokratisch eine Regierung gewählt. Wahlsieger Hamas hat im sog. „Gefangenen-Papier“ die Zwei-Staaten-Lösung quasi akzeptiert. Doch Deutschland weigert sich, mit der demokratisch gewählten Hamas zu sprechen und unterstützt den Boykott. Sie persönlich haben solche Gespräche abgelehnt. Sie persönlich tragen damit Mitverantwortung für die sich daraus ergebenden Folgen, den Hunger und das Elend in Palästina. 

 

5. Wir möchten Ihre Aufmerksamkeit auf eine Erklärung der Organisation „Europäische Juden für einen gerechten Frieden“ v. 9.11.06 lenken, in der es heißt:“... Als europäische Bürgerinnen und Bürger sind wir nicht gewillt, zu den Verbrechen zu schweigen, die an einem gefangenen, besetzten Volk begangen werden, das zum Opfer der Geschichte Europas geworden ist... Als Jüdinnen und Juden  werden wir nicht denselben Fehler begehen, den wir häufig jenen vorgehalten haben, die sich angesichts von Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Schweigen hüllten ... Es ist unerlässlich und dringend, dass die Europäische Union endlich wirksame, entschlossene und eindeutige Maßnahmen ergreift, um Israel zu bewegen, Internationales Recht zu respektieren. Es ist offenkundig und überfällig, dass die Staaten Europas ihre Freundschaftsbeziehungen und Handelsverbindungen mit Israel aussetzen, solange es die grundlegenden Menschenrechte nicht achtet und weiterhin Kriegsverbrechen begeht ...“

 

Der Deutsche Friedensrat e.V. unterstützt diese Forderungen der „Europäischen Juden für einen gerechten Frieden“. Auf seiner Jahreshauptversammlung am 25.11.06 haben die Mitglieder beschlossen, Ihnen diesen Standpunkt zu übermitteln. Wir bitten Sie um Prüfung all unserer Argumente und hoffen auf Ihre Antwort.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Dr. Bärbel Schindler-Saefkow

Geschäftsführendes Vorstandsmitglied